Ghosting im Job: Was hat es damit auf sich?
Ghosting bedeutet, dass zwischen zwei Leuten plötzlich und ohne jede Vorwarnung Funkstille herrscht. Dieses Phänomen kennen wir zwar in erster Linie vom Dating, aber es taucht immer öfter auch im Arbeitsleben auf. Dabei sind es überwiegend die Arbeitgeber, die zum Opfer dieser Art von Ghosting werden.
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Ghosting seitens Bewerber als Trend
Erscheint ein Bewerber einfach nicht zum vereinbarten Termin, um seine neue Stelle anzutreten, obwohl er sogar schon den Arbeitsvertrag unterschrieben hat, ist das für den Arbeitgeber sehr ärgerlich.
Ghosting im Job kommt aber öfter vor, als man meinen könnte. Tatsächlich scheint es eine neue Entwicklung zu sein, die sich zunehmend verbreitet.
Früher war es eher andersherum. Als Arbeitsplätze rar und begehrt waren, waren es mitunter die Arbeitgeber, die Ghosting betrieben. So war es keine Seltenheit, dass sich Unternehmen einfach nicht meldeten und auch die Bewerbungsmappen nicht zurückschickten.
Dass das heute so gut wie nicht mehr vorkommt, hat aber auch damit zu tun, dass gerade im Rahmen von Online-Bewerbungen viele Abläufe automatisiert sind.
Arbeitsmarktexperten beobachten das Ghosting in verschiedenen Bereichen. Teils handelt es sich um Fachkräfte mit einem Jahresgehalt bis 50.000 Euro, teils um ausgewiesene Spezialisten mit einem Jahresgehalt ab 100.000 Euro.
Oft sind die Bewerber zwischen 20 und 25 Jahre alt, aber auch in der Altersgruppe zwischen 30 und 40 Jahren nimmt das Ghosting zu.
Ein paar Zahlen
Eine im März 2025 veröffentlichte Studie des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) ergab, dass in jedem vierten Betrieb mit freien Ausbildungsplätzen Bewerber abspringen.
Dass die Lehrstellen nicht besetzt werden können, liegt zwar in erster Linie daran, dass es an geeigneten Bewerbungen mangelt. Laut IAB konnten im Jahr 2023 über die Hälfte der Betriebe, die Lehrstellen anboten, keine Azubis einstellen.
Aber eine Rolle spielt eben auch, dass Bewerber abspringen. 27 Prozent der betroffenen Betriebe erklärten, dass sich Bewerber doch noch anderweitig entschieden hatten.
Vor allem Großbetriebe mit 500 und mehr Mitarbeitern gaben an, dass Absprünge von Bewerbern ein Grund dafür waren, dass Lehrstellen unbesetzt blieben. Doch auch 28 Prozent der Kleinstbetriebe haben mit diesem Phänomen zu kämpfen.
Fehlende Führungskompetenz bei Ghostern
Für einen Arbeitgeber kann Ghosting weitreichende Folgen haben. Allein das Bewerbungs- und Personalauswahlverfahren kostet ein Unternehmen schon viel Zeit und Geld.
Ist dann ein neuer Mitarbeiter gefunden und fest eingeplant, taucht aber nicht mehr auf, geraten die Arbeitsabläufe womöglich ins Stocken oder ein Auftrag kann nicht termingerecht durchgeführt werden.
Die Folge kann nicht nur ein wirtschaftlicher Schaden sein, sondern auch der Ruf des Unternehmens als verlässlicher Anbieter kann leiden.
Andersherum kann einem Ghoster sein Verhalten ebenfalls auf die Füße fallen. Auch wenn Unternehmen keine schwarzen Listen führen, kann es negative Auswirkungen auf die Bewerbung und die Chancen auf die berufliche Karriere haben, wenn sich ein Ghoster später erneut bei der Firma bewirbt.
Dazu kommt noch ein anderer Aspekt. Ein solches Verhalten zeugt davon, dass der Ghoster nicht zu seinen Entscheidungen steht und sich alle Möglichkeiten offenhalten möchte.
Doch genau das kann zum Stolperstein für die Karriere werden. Denn von einem Mitarbeiter, vor allem aber von einer Führungskraft erwarten Arbeitgeber Entschlussfreude und Verlässlichkeit. Wer ghostet, lässt also eine wesentliche Führungskompetenz vermissen.
Fachkräftemangel als Auslöser
Der Umstand, dass es in vielen Branchen an Fachkräften mangelt, begünstigt das Ghosting. Die Situation auf dem Arbeitsmarkt macht es möglich, dass sich Bewerber den für sie attraktivsten Arbeitgeber aussuchen können.
Bekommen sie ein besseres Angebot, ghosten sie einfach, statt die andere Stelle abzusagen. Denn es ist bequemer, abzutauchen, als sich der unangenehmen Situation einer Absage zu stellen.
Was viele nicht bedenken, ist aber, dass der Arbeitsmarkt für Bewerber keineswegs so günstig bleiben muss. Die Arbeitslosenzahlen können jederzeit wieder steigen. Auch die demografische Entwicklung muss nicht dazu führen, dass der Fachkräftemangel langfristig bestehen bleibt.
Das liegt allein schon daran, dass Roboter und Künstliche Intelligenz immer mehr menschliche Arbeit übernehmen werden. Das Angebot an Arbeitsplätzen könnte also schon in absehbarer Zeit dünner werden.
Überforderung infolge der Erziehung
Die Art, wie Jugendliche aufwachsen und erzogen werden, könnte ein weiterer Grund fürs Ghosting sein. Viele Eltern versuchen, ihre Kinder zu beschützen, sie vor Schwierigkeiten zu bewahren und ihnen weitreichende Entscheidungen abzunehmen.
Das ist zwar einerseits gut, führt andererseits aber dazu, dass die jungen Erwachsenen auf Herausforderungen kaum vorbereitet sind.
Dazu kommt der Einfluss von zum Beispiel den schnelllebigen Social Media. Klappt eine Sache nicht oder geht das Interesse verloren, sind genug andere Optionen da. Müssen Jugendliche dann aber zwischen zwei Alternativen wählen, können sie damit nicht umgehen, teilweise sind sie regelrecht überfordert.
Eine Entschuldigung fürs Ghosting ist das trotzdem nicht. Denn wer einen Termin vereinbart oder einen Arbeitsvertrag unterschreibt, gibt ein verbindliches Versprechen ab.
Es ist ein Gebot der Fairness, zumindest abzusagen, wenn man dieses Versprechen nicht einhalten will. Natürlich steht es jedem Bewerber zu, sich trotz Zusage noch umzuentscheiden. Nur sollte eine Absage dann selbstverständlich sein. Ghosting ist unprofessionell und die denkbar schlechteste Lösung.
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