Die Schlussformel im Arbeitszeugnis richtig deuten
„Herr/Frau XY arbeitete zu unserer Zufriedenheit.“ oder „Herr/Frau XY arbeitete stets zu unserer vollen Zufriedenheit.“ Zwei kleine, unscheinbare Wörter, die im Arbeitszeugnis stehen oder eben nicht, können einen entscheidenden Unterschied in der Bewertung ausmachen. Gleichzeitig hat das Arbeitszeugnis großen Einfluss auf die berufliche Zukunft von Arbeitnehmer:innen.
Kein Wunder, dass Arbeitgeber und Mitarbeiter:innen regelmäßig um die Formulierungen ringen, mitunter sogar vor Gericht.
In der Vergangenheit haben die Arbeitsgerichte oft Textpassagen für Arbeitszeugnisse vorgegeben. Die Folge davon ist, dass Unternehmen die Beurteilung im Schlusssatz kompakt und scheinbar unverfänglich formulieren.
Doch was genau bedeutet die Schlussformel im Arbeitszeugnis? Wann ist sie positiv und wann eher negativ? Und muss das Arbeitszeugnis überhaupt einen Schlusssatz enthalten?
Wir helfen, die Schlussformel im Arbeitszeugnis richtig zu deuten!:
Inhalt
Besteht ein Rechtsanspruch auf die Schlussformel im Arbeitszeugnis?
Am Ende des Arbeitszeugnisses bedankt sich der Arbeitgeber für die erbrachten Leistungen und wünscht alles Gute für die Zukunft. Einen rechtlichen Anspruch auf so eine Dankes- und Schlussformel gibt es aber nicht.
Das Bundesarbeitsgericht bestätigte in einem Urteil, dass es eine freiwillige Aussage des Arbeitgebers bleibt, wenn er Dankesworte und gute Wünsche formuliert. Nach Ansicht des Gerichts ist es auch nicht als unzulässiges Geheimzeichen zu werten, wenn die Abschlussformel fehlt.
Der Arbeitgeber hat nach wie vor die Formulierungssouveränität (BAG, Az. 9 AZR 227/11).
Als Arbeitnehmer:in bedeutet das, dass du bei der Abschlussformel auf das Wohlwollen des Arbeitgebers angewiesen bist. Es bleibt ihm überlassen, ob und wie sehr er dir für deine Mitarbeit dankt und sein Bedauern ausdrückt, dass du das Unternehmen verlässt.
Einklagen kannst du so eine Abschlussformel nicht.
In der Praxis wird es allerdings oft als Hinweis darauf gedeutet, dass es persönliche Differenzen, ein massives Fehlerverhalten deinerseits oder eine fristlose Kündigung gab, wenn das Arbeitszeugnis gar keine Abschlussformel enthält.
Welche Inhalte hat die Schlussformel im Arbeitszeugnis?
Mit dem Arbeitszeugnis beschreibt der Arbeitgeber nicht nur die Tätigkeit eines Mitarbeiters und bewertet dessen Leistungen, sondern verabschiedet sich auch von ihm.
Normalerweise äußert der Arbeitgeber dabei zunächst sein Bedauern darüber, dass sich die Wege nun trennen. Danach bedankt er sich für die Zusammenarbeit und gibt zum Schluss gute Wünsche für die berufliche und persönliche Zukunft mit auf den Weg.
War dein Arbeitgeber mit dir so zufrieden, dass er dir die Schulnote 2 gibt, hört sich das in der Zeugnissprache in etwa so an:
„Herr/Frau XY verlässt uns auf eigenen Wunsch. Wir bedauern sehr, ihn/sie zu verlieren, und danken für die stets gute Mitarbeit. Wir wünschen ihm/ihr für die Zukunft weiterhin viel Erfolg und persönlich alles Gute.“
An dieser Standardformulierung kann der Arbeitgeber nun aber mithilfe verschiedener Stellschrauben drehen, um die Gesamtbewertung deiner Arbeitsleistung zu verändern.
Grund für das Ende der Zusammenarbeit
Hast du selbst gekündigt, steht in der Abschlussformel: „Herr/Frau XY verlässt uns (auf eigenen Wunsch).“ Wurde dir gekündigt und liegen die Gründe dafür beim Unternehmen, kann der Arbeitgeber formulieren: „Herr/Frau XY verlässt uns aus betriebsbedingten Gründen.“
Geht ein befristetes Arbeitsverhältnis zu Ende, wäre „Herr/Frau XY verlässt uns nach Ablauf der befristeten Beschäftigungszeit.“ eine mögliche Formulierung.
Sie deutet aber gleichzeitig darauf hin, dass du mit deinen Leistungen nicht überzeugen konntest. Sonst würde der Arbeitgeber die Schlussformel um eine Aussage wie „Leider konnten wir ihm/ihr keine anderweitige Beschäftigung anbieten.“ ergänzen.
Ausdruck des Bedauerns
Die Bewertung spiegelt sich auch darin wider, wie der Arbeitgeber formuliert, dass er dein Ausscheiden bedauert.
Enthält die Aussage die Verstärkung „sehr“ und eine kurze Begründung mit Adjektiven, handelt es sich um eine sehr gute Beurteilung, die der Schulnote 1 entspricht:
„Wir bedauern es sehr, diese/n äußerst engagierte/n und erfolgreiche/n Mitarbeiter:in zu verlieren.“ Fehlen die Adjektive, ist die Bewertung noch immer eine Note 2: „Wir bedauern sehr, Herr/Frau XY zu verlieren.“
Fällt das Wörtchen „sehr“ weg, hält sich das Bedauern des Arbeitgebers in Grenzen. Die Beurteilung ist dann nur durchschnittlich, ungefähr auf dem Niveau einer Schulnote 3.
Enthält die Schlussformel gar keinen Ausdruck des Bedauerns, war der Arbeitgeber mit deinen Leistungen nicht zufrieden. Deine Mitarbeit stuft er mit der Note 4 oder schlechter ein und ist nicht besonders traurig darüber, dass du gehst.
Dankesformel
Je stärker der Arbeitgeber seinen Dank für die Mitarbeit betont, desto besser bewertet er die erbrachten Leistungen. Würdigt er die Mitarbeit mit drei Adjektiven, entspricht das der Schulnote 1.
Mit jedem Adjektiv weniger wird die Bewertung schlechter:
- Note 1: „Wir danken für die stets sehr gute Mitarbeit.“
- Note 2: „Wir danken für die stets gute Mitarbeit.“
- Note 3: „Wir danken für die gute Mitarbeit.“
- Note 4: „Wir danken für die Mitarbeit.“
Enthält der Schlusssatz im Arbeitszeugnis gar keine Dankesformel, ist das ein Signal dafür, dass deine Leistung unzureichend oder mangelhaft war.
Wünsche für die Zukunft
Bei den Zukunftswünschen hat der Arbeitgeber mehr Gestaltungsspielraum. Denn seine Wünsche können sich sowohl auf die berufliche als auch auf die persönliche Zukunft beziehen. Gleichzeitig kann er in seiner Formulierung verschiedene Wertungen unterbringen.
Steht im Arbeitszeugnis zum Beispiel „Wir wünschen für die Zukunft weiterhin viel Erfolg und persönlich alles Gute.“, besagt das „weiterhin“, dass du in deinem Job sehr erfolgreich warst und der Arbeitgeber davon ausgeht, dass das auch künftig so sein wird.
An deinem Verhalten gab es nichts zu kritisieren und ihr geht im Guten auseinander. Spricht der Arbeitgeber nur von „Erfolg“ und nicht von „viel Erfolg“, heißt das, dass du zwar Erfolg hattest, aber nicht durchgehend oder in größerem Umfang.
Schreibt der Arbeitgeber hingegen „Weiterhin wünschen wir Herrn/Frau XY viel Erfolg und persönlich alles Gute.“, ist das eine Abwertung deines beruflichen Erfolgs. Denn in diesem Fall ist das „weiterhin“ gleichbedeutend mit „außerdem“.
Bezieht sich der Arbeitgeber in seinen Wünschen nur auf die persönliche Zukunft und lässt die berufliche Komponente weg, sagt er damit aus, dass du im Job keinen Erfolg hattest und vermutlich auch in Zukunft nicht haben wirst.
Andersherum gab es wohl persönliche Differenzen oder dein Verhalten war schwierig, wenn es bei beruflichen Zukunftswünschen bleibt und die persönliche Komponente fehlt.
Enthält die Schlussformel im Arbeitszeugnis gar keine Zukunftswünsche, drückt der Arbeitgeber damit aus, dass es keinen beruflichen Erfolg gab und vermutlich auch nicht geben wird. Gleichzeitig war auch das persönliche Verhalten nicht immer einwandfrei.
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